07.
Oktober
2011
Der Winter naht. Nach dem Ende von meinem heutigen Dienst war ich daher mal wieder auf der Suche nach einem Gefährt für den Winter.
Kaum zu glauben was einem dabei so angeboten wird. Die letzten Wochen war ich ja auch schon unterwegs, habe aber die Resultate nur via ICQ und in Foren kund getan.
Da war beispielsweise ein Audi 80 Avant mit rund 260'000 km und »lückenlos gepflegtem Scheckheft«. Vor Ort war dann gar kein Scheckheft mehr vorhanden und das einzige was lückenlos war, war die Verkaufsabsicht. Ohne überhaupt gefragt zu haben wurde der Audi gleich mal satte 30% günstiger: Von 999 Euro auf 700 Euro... Ohne TÜV und ohne Händlergarantie. Jaja, den Spruch kenne ich schon, aber ich kenne auch die entsprechenden Urteile.
Nur Lust auf Theater via Anwalt und einen Liegenbleiber als Fahrzeug habe ich auch nicht wirklich.
Ein anderer Kandidat war ein ebenfalls »top gepflegter« 80 Avant. Unter Augenschein genommen hatte er einige Kampfspuren und Rost obwohl »rostfrei« angeboten. Rostfrei bezog sich laut Verkäufer auf den aktuellen Zustand, da er schon viel Rost beseitigt habe. Also quasi amerikanisch-rostfrei: Wenn man ihn nicht sehen kann ist er nicht da.
Das Wasser aus der Kopfdichtung rausdrückt muss neu sein, denn bei ihm »war das noch nicht so«. Gespräch beendet, binnen 30 Sekunden war er mit seinem Auto auch schon wieder vom Treffpunkt verschwunden.
Die Krönung war aber eine Audi 80 Limousine. Das mal wieder »lückenlos geführte Scheckheft« war vorhanden, aber ein wenig anders geführt als von mir erwaret: »Bis 120'000 km war er bei Audi, danach steht nichts mehr drin.« – Jetzt hatte er 230'000 km auf der Uhr. Okay, wenn keiner mehr was reinschreibt ist es tatsächlich »lückenlos geführt«.
Da es vor dem Umzug nicht mehr geklappt hat, geht die Suche nun rund 200 km weiter südlich weiter. Eigentlich war ich auf dem Weg zu einem anderen Audi 80 als mir er hier am Straßenrand auffiel:
Ein Audi 80 B4 2.0, leider mit Motorkennbuchstabe ABT – also der »Säufer« von den beiden 2.0ern in der Bauzeit.
Dazu noch Automatik. Damit hatte ich bisher noch gar nicht geliebäugelt. Kann schon bequem sein auf der Autobahn oder im Stadtverkehr, frisst aber auch Leistung (von den ohnehin knapp bemessenen Leistung von 66 kW beziehungsweise 90 PS).
Optisch einigermaßen schön anzuschauen. Treffer vorne links, Kotflügel bereits getauscht aber leicht anderer Farbton (fällt beim Regen nicht gleich auf) und noch immer Kratzer an der Fahrertüre bis auf das verzinkte Blech.
Online ausgeschrieben für 100 Euro weniger. Man könnte ja beinahe schwach werden wenn er noch einmal 100 Euro nachlässt und/oder Winterreifen auf Stahl dazupackt.
Nach kurzer Recherce im Internet aber die Ernüchterung: Da keinerlei Servicenachweise vorhanden sind könnte mir das Automatikgetriebe jederzeit unter dem Hintern den Dienst versagen. Zwar hat man ja 6 Monate Händlergewährleistung auf Motor und Getriebe, aber die Tendenz zum »Liegenbleiber« ist mir einfach zu hoch.
Also weitersuchen. Abschließend zum Thema Winterauto noch die drei anderen Audi 80, welche ich mir heute angeschaut habe. Kandidat #1 hatte rund 260'000 km auf der Uhr und sollte noch 700 Euro kosten. Der Händler mürrisch-unfreundlich. Sucht den Schlüssel zwischen den von seinen etwa 100 Fahrzeuge auf dem Platz raus und knallt ihn mir auf die Schreibtischunterlage – obwohl ich ihm die Hand ausgestreckt hatte. Serviceunterlagen? »Ja schau halt ins' Auto rein!«.
Soviel zu »sehr gut erhalten« und »Unterlagen vorhanden«. Im Handschuhfach begrüßt mich ein großer Stapel Papier. Vermutlich sämtliche Rechnungen seit 2007. Der letzte größere Posten vom Oktober 2010. Rund 1'400 Euro hatte der Besitzer für Reparaturen ausgegeben. Mit dabei auch Winterreifen mit sehr viel Profil, einfach hinten auf die Sitze gelegt, dementsprechend dreckig der Zustand hinten und vorne nicht wirklich besser. Das Profil der Reifen im Heck konnte man übrigens einfach bei geschlossenem Kofferraumdeckel prüfen, denn der war durchgerostet.
Ein wenig frustriert brachte ich den Schlüssel zurück. Nach Zahnriemen oder Bremsreparatur wollte ich schon gar nicht mehr fragen. Wo denn der zweite Audi 80 sei wollte ich dann noch wissen. »Der steht da hinten, aber der hat keinen TÜV mehr und bekommt auch keinen mehr«. Okay, Gespräch beendet und Kandidat #2 wurde erst gar nicht mehr angeschaut.
Etwa 1 km weiter in der gleichen Straße sollte ein Audi 80 Avant stehen. Dieser war leider schon vergriffen, aber ich bekam dafür einen Golf III Variant angeboten. Beinahe so einer wie ich vor rund 9 Jahren verkauft habe... Allerdings mit mehr als doppelt so hoher Laufleistung, Durchrostungen an der Türe und auch doppelt so teuer wie ich damals meinen Variant abgegeben habe.
Na prima. Abwrackprämie und Gewährleistungspflicht sei dank...
Kandidat #3 war also schon verkauft. Nebenan noch ein Händler. »Afrim« begrüßt mich mit seinen 5 Mitarbeitern freundlich, fast überschwenglich als ich das Gelände betrete. Er kann zwar nicht mit einem Audi 80 dienen, aber er hat einen ganz tollen Golf II parat. Baujahr 1990, Automatik, 120'000 km. Vor allem »keine Rost, nirgendwo«. Ich versuche zwischen den anderen Fahrzeugen rein aus Höflichkeit und Interesse heuchelnd zum Golf II durchzukommen. Innen die Polster abgewetzt, außen tatsächlich auf den ersten Blick rein Rost. Dafür muss die Heckklappe wohl schon mal getauscht worden sein, sie passt nämlich nicht so ganz zum Farbton. Leider kann man den Preis nicht lesen da sich die Klarsichthülle mit dem Blatt Papier darin zu einer Röhre zusammengerollt hat.
2000 Euro soll der 21 Jahre Golf II ohne Innenausstattung mit abgefahrenen Sommerreifen auf leicht angegammelten Stahlfelgen kosten. Leute, kauft euch kein Gold oder Silber, kauft euch Golf II so lange es noch welche gibt. Die Wersteigerung ist grandios.
Wieder daheim angekommen bin ich ein wenig frustriert und erweitere mal wieder den Umkreis und das Budget bei meiner Suche nach Gebrauchten Audi im Internet. Da raschelt und knistert es mir vor rechts ins Ohr. Der Verursacher ist schnell gefunden, siehe Bild oben.
Aber wie kommt er ins Zimmer? Die Türe war abgeschlossen, im Flur brennt auch kein Licht und die Fenster waren geschlossen. Ich helfe ihm mit einem Blatt Papier und befördere ihn zum Fenster hinaus.
Es wird später am Abend, mir krabbelt irgendetwas am Bein herum. Ich vermute ein Silberfischchen oder einen losen Faden am Socken und schüttle einfach mal mit der Hand an der Jeans. Da krabbelt es nicht mehr, sondern es zwickt. Zwar nur einmal, dafür recht heftig.
Die Jeans hochgekrempelt sehe ich was da vom Bein herunterfällt: Eine herbstmüde Wespe ist mir den Fuß hochgekrabbelt und fühlte sich offensichtlich belästigt.
Die Verwandschaft war nicht weit: Sie saß auf der Fensterbank. Wieder frage ich mich wie die Insekten jetzt in mein Zimmer gefunden haben. Die Lösung folgt auf dem Fuße: Der Fensterflügel hat sich im Laufe der Jahre so verzogen, dass nun ein Spalt von bis zu 20 mm zwischen Rahmen und Flügel klafft. Dort geht nicht nur die Wärme aus dem Zimmer hinaus, auch die Insekten finden darüber hinein. Am Montag wird das Problem dann wohl mit Dichtband gelöst.
Meine anderen Mitbewohner werde ich wohl weiterhin behalten: Silberfischchen soweit das Auge reicht. Zumindest wenn man schnell genug nach dem Einschalten vom Licht schaut.
Laut anderen Bewohnern helfen Köderdosen schon lange nicht mehr, die Brut hier ist schon lange dagegen resistent. Immerhin stechen sie nicht und übertragen auch keine Krankheiten. Von da her werde ich einfach mit ihnen auskommen und darauf achten, dass meine Lebensmitteldosen immer dicht und fest verschlossen sind.
X_FISH