14.
April
2011
Die ältere Generation kennt es noch: Wenn man am Baggersee einen schlechten Empfang hat, zieht man einfach die Antenne weiter aus dem Gerät. Bei WLAN-Accesspoints und -Routern verhält es sich nicht anders.
Die in der Regel einfachste und kostengünstigste Möglichkeit die eigene WLAN-Anbindung zu verbessern ist, sich eine bessere Antenne für das Gerät zu besorgen. Nicht jedes Gerät lässt dabei einen einfachen Wechsel der Antenne zu. Da ich nach wie vor auf die WRT-Serie von Linksys setze und diese weit verbreitet ist, ist das Besorgen einer passenden Antenne kein Problem.
Die als »Omni Antenne 9dBi für Linksys Cisco« angepriesene Antenne ist mit ihren knapp 40 cm natürlich deutlich länger als das Original des Linksys WRT54G.
Während die letztgenannte Antenne mit Sockel und Gelenk auf etwa 16 cm Länge kommt, hat die nachträglich erworbene Antenne eine Länge von rund 40 cm.
Die Abkürzung »dB« steht für Dezibel und ist ein logarithmisches Maß. Anders als Maßangaben wie etwa °C wird dB als relatives Maß verwendet. Es gibt somit den Gewinn oder Verlust gegenüber einem zuvor als Bezugsgröße festgelegten Wert an.
Das »i« bei der Abkürzung »dBi« signalisiert, dass es sich um die Angabe im Bezug auf einen Isotropstrahler handelt. Ein Isotropstrahler ist ein Punkt- beziehungsweise Kugelstrahler wie auf den beiden Bildern oben abgebildet.
Gemäß der Angaben des Verkäufers verbessert sich somit die »Abstrahlung um 9 dBi gegenüber der originalen Antenne«. Diese Angabe ist leider nicht richtig, denn die Angabe 9 dBi bezieht sich auf die Leistung einer sogenannten isotropen Antenne, welche in der Praxis nicht exisitert (aber eben als Berechnungsbasis dient). Korrekt müsste es daher lauten: Es »verbessert sich somit die Abstrahlung um 9 dBi gegenüber einer isotropen Antenne«.
Da die originale Antenne etwa 2 dBi hat, hat man unter'm Strich einen Gewinn von etwa 7 dBi.
Dieser »Leistungsgewinn« wirkt sich nicht nur beim Senden aus, sondern auch beim Empfang. Somit kann eine solche Antenne mehr empfangen als eine »schwächere« Antenne.
Die endeutige Antwort lautet »Jein«.
Es gibt auch andere Geräte inklusive Netzwerkkarten, welche mehrere Antennen verwenden. Das Verfahren nennt sich »mimo« (multiple inputs - multiple outputs). Je nachdem welche Antenne die bessere Verbindung hat, wählt das Gerät die passende Antenne aus. Da die meisten Personen auf ein optisch schönes Erscheinungsbild des Routers bedacht sind, richten sie die Antennen jedoch leider meistens gleich aus, daher wird durch identische Antennenstellungen das eigentliche Vorhaben wieder ausgehebelt.
Zur Erklärung: Die meisten stellen sich die Funkübertragung wie eine gerade Linie vor. Daher richten sie die Antennenspitze in die Richtung, in welcher der Router oder der Client stehen. Da die Funkwellen jedoch über Reflexionen umgeleitet werden und natürlich auch durch Wände abgeschwächt werden, entsteht die Verbindung eventuell über die Decke, den Boden, einer weiteren Reflexion an der Wand hinter dem Client und landet dann über die Antenne beim Empfänger.
Daher die Antennen nicht nur aufstellen, sondern auch unterschiedliche Positionen ausprobieren. Zunächst wie sich viele die Wirkung von Antennen vorstellen:
Wie bei einer Kerze wird die Quelle für die Strahlung an der Spitze vermutet. Allerdings sieht es in der Realität ein wenig anders aus.
Eine realistischere Darstellung wie sie tatsächlich abstrahlt wäre diese hier:
Die beiden Grafiken sind denen einer Erklärung eines Antennenherstellers[1] nachempfunden. Wenn man sich die zweite Abbildung anschaut wird klar, wieso eine längere Antenne die Wirkung des Geräts beeinflusst.
Da sich wie bereits erwähnt die Umgebung in Form von Materialien, Wänden und natürlich auch anderen Netzwerken sehr unterscheiden können, kann keine pauschale Garantie gegeben werden, dass eine längere Antenne die eventuell bestehenden Probleme aus der Welt schafft.
Ich habe die Antennen an meinen Linksys WRT54G Version 5.1 geschraubt, welcher als »Repeater Bridge« konfiguriert ist.
Als Firmware wurde die alternative Firmware von DD-WRT[2] installiert: v24-sp2 (07/22/09) micro.
Über das Webinterface kann abgefragt werden, welche Netzwerke vom WRT54G empfangen werden.
Der erste deutliche Unterschied war schon einmal wie viele Netze gefunden werden. Oben das Ergebnis mit den neuen, langen Antennen, unten das Ergebnis mit den kurzen Antennen.
Nach einem erneuten Wechsel zu den langen Antennen waren wieder deutlich mehr Netzwerke sichtbar, die übrigen Funknetze waren sicherlich nicht zufällig alle aus und wieder eingeschaltet worden.
Auf den beiden Screenshots sind ein paar Angaben zu finden, welche ein wenig kryptisch anmuten. Daher eine kleine Tabelle mit den wichtigsten Angaben:
SSID | Name des Funknetzwerks |
MAC Address |
Media-Access-Control-Adresse Eindeutige, einmalige Adresse der »Netzwerkkarte« |
Channel | Kanal auf welchem übertragen wird |
Rssi |
Received Signal Strength Indication Indikator für die Qualität der bestehenden Verbindung |
Noise | |
Für den Vergleich der Werte muss man natürlich zunächst auch wissen was denn nun ein guter und was ein schlechter Wert ist.[3]
RSSI: Eine möglichst kleine negative Zahl ist gut (-40 ist gut, -98 ist schlecht)
Noise: Eine möglichst große negative Zahl ist gut (-98 ist gut, -40 is schrecklich, -70 wäre ziemlich schlecht)
Mit RSSI und Noise lässt sich der Wert für SNR berechnen: SNR = RSSI - Noise
Da mit negativen Werten gearbeitet wird, muss auch entsprechend für die Werte der Übertragung auf Kanal 11 gerechnet werden:
SNR = -65 - (-92) = 27
Mit RSSI, Noise und SNR lässt sich der Wert für die Qualität des Signals in Prozent berechnen:
Signalqualität = RSSI / Noise * SNR
Um beim Beispiel zu bleiben:
Signalqualität = -65 / (-92) * 27 = 19,08%
Die lange Antenne hat somit eine Signalqualität von 19,08% zur Folge gehabt. Die kurze Antenne kam auf einen Wert von 20,75%. Somit hat die kurze Antenne einen besseren Wert als die lange Antenne? Richtig. Zumindest gemäß der Rechnung.
In der Praxis hätte ich die Antennen noch ein wenig anders ausgerichtet, den Wert darüber dann eventuell noch verbessern können. Allerdings hätte ich für mein Netzwerk ohnehin keine lange Antenne benötigt.
Hätte ich allerdings eines der Netzwerke auf Kanal 1 nutzen wollen, hätte ich mit den kurzen Antennen keine Chance gehabt.
Die Rechnung sollte eigentlich nur eins aufzeigen: Man kann noch so viel theoretisches Wissen haben, wenn die Antennen nicht gut ausgerichtet sind beziehungsweise man nicht verschiedene Positionen/Einstellungen testet, kann unter Umständen auch eine »bessere Antenne« nicht zu einem besseren Resultat führen.
Allerdings zeigt der Test auch, dass schwächere Netzwerke durch den Tausch der Antenne plötzlich empfangen werden können – und das sogar mit sehr guten Empfangswerten.
Damit ließe sich zumindest auch ein in Störer, welcher mit den kurzen Antennen nicht wahrgenommen werden kann ausfindig machen. Problematisch wird es allerdings, wenn der Störer nicht permanent sendet, beispielsweise weil er seinen WLAN-Router beim Verlassen des Hauses per Steckerleiste ausschaltet oder aber der ebenfalls sendende Client nicht immer am gleichen Ort steht.
Solange der Störer sich »ruhig verhält«, ist der Empfang gut und wird auch eine entsprechende Signalqualität anzeigen beziehungsweise sie könnte ausgerechnet werden.
Im Endeffekt ist es also weiterhin wichtig, von den Nachbarn genutzte Kanäle zu meiden und bei Verschlechterungen nach Veränderungen zu suchen und natürlich auch die eigene Anbindung zu überprüfen.
Unter Linux kann am Client dazu der Befehl iwconfig
genutzt werden:
scruffy@scruffy:~$ iwconfig wlan0
wlan0 IEEE 802.11bg ESSID:"terrornetzwerk"
Mode:Managed Frequency:2.462 GHz Access Point: 00:0F:xx:xx:xx:xx
Bit Rate=54 Mb/s Tx-Power=20 dBm
Retry long limit:7 RTS thr:off Fragment thr:off
Power Management:off
Link Quality=70/70 Signal level=-32 dBm
Rx invalid nwid:0 Rx invalid crypt:0 Rx invalid frag:0
Tx excessive retries:0 Invalid misc:0 Missed beacon:0
Sollten sich Datenübertragungsrate oder Signalqualität erheblich verändern sollte man nach Veränderungen Ausschau halten.
So konnte ich binnen weniger Monate anstatt drei WLAN-Accesspoints plötzlich über 12 empfangen. Im Zweifelsfall hilft dann nur das gute, alte Kupferkabel. Gerade in Häusern mit vielen Mietparteien – und in den nächsten Jahren wird es wohl noch schlimmer werden.
Schließlich wollen selbst jene Personen, welche bisher ihren PC einfach verkabelt hatten mit ihrem neuen Laptop, Smartphone oder ihrer Spielekonsole auch WLAN nutzen. Daher ist von einer weiteren Zunahme der Nutzung von WLAN auszugehen.
Kleines Update (10.11.2013)
Per E-Mail hat mich Daniel darauf hingewiesen, dass die Formulierung mit den »9 dBi Gewinn« technisch falsch war. Dies habe ich oben im Text bereits korrigiert. Ergänzend noch ein Links und ein Zitat, welches den Sachverhalt mit »9 dBi Gewinn«, »Isostrahler« und der Angabe des Verkäufers erklärt:
Quelle: www.brennpunkt-srl.de - Die großen Irrtümer über Antennen - FAQs[4]
Somit hat der Verkäufer indirekt eine deutlich höhere Leistungssteigerung suggeriert. Allerdings können die Antennen mit ihrer Leistung auch so überzeugen und die Nutzung vom Linksys WRT54G/WRT54GL mit den langen Antennen ist auch nach über zwei Jahren noch immer einwandfrei – und die Probleme mit dem Empfang sind Geschichte.
X_FISH