14.
Juli
2022
Sommerliche 23°C zu später Stunde in der Wohnung. Das Seitenteil vom Gehäuse lehnt schon seit einigen Wochen demontiert am Tischbein vom Schreibtisch.
So sieht gerade die »Testumgebung« aus. Meinen beiden Ryzen 5 2600 wird es aktuell zu warm. Beide haben den originalen Boxed Kühler von AMD montiert. AMD hat dem Kühler den klangvollen Namen »AMD Wraith Stealth Cooler« gegeben. Leise ist er, stimmt. Allerdings ist auch bekannt, dass er eben nur »das Nötigste« kann. Um die 40°C idle und zwischen 70 und 95°C unter Volllast sind keine Seltenheit.
Ein Kühlertausch macht also Sinn. Wird aber ein zum aktuellen Zeitpunkt rund 14 (!) Jahre alter Noctua NH-U12P dem AMD Wraith Stealth Cooler das Wasser reichen können? Okay, das ist so als würde man die Frage stellen »Ist Wasser nass?«. Natürlich ist der Noctua besser denn es ist fast alles besser als der Boxed Kühler.
Aber vielleicht möchte ja jemand wirklich den Unterschied wissen? Dann einfach weiterlesen.
Einen gebrauchten, intakten Noctua NH-U12P erhält man aktuell für etwa 25 bis 30 Euro inklusive Versand. Dazu dann noch ein Noctua NM-AM4 CPU-Kühler-Montageset[1] für weniger als 8 Euro und man hat unter 40 Euro einen betagten aber noch immer guten Kühler, welcher Lüfter im Standardformat 120x120 mm aufnehmen kann.
An meinem gebraucht gekauften Noctua hängt noch immer als Lüfter ein NF-S12. Schon 2007 vorgestellt und mutmaßlich genauso alt wie der Kühler selbst. Kein PWM, nur ein dreipoliger Stecker. Somit kann zumindest das Board über das Tachosignal die Drehzahl vom Lüfter erfassen. Aber wie schon geschrieben kann der Lüfter gegen ein zeitgemäßes Model mit PWM ausgetauscht werden.
Den AMD Wraith Stealth hatte ich noch geputzt. Also sprich den Staubsauger reingehalten und mit einem Pinsel den Staub abgewischt. Das Bild davon ist leider nichts geworden.
Nach der Putzaktion wurde noch ein kleiner Temperatur- und Stresstest gemacht, die Resultate davon sind weiter unten auf der Seite zu finden.
Der Ist-Zustand nach dem Ausbau vom AMD Wraith Stealth: feiner Staub auf dem Board rund um den Prozessor. Den hatte der Staubsauger nicht einsaugen können.
Nach dem Entfernen vom AMD Kühler: CPU von der alten Wärmeleitpaste reinigen, danach gleich wieder die neue Wärmeleitpaste drauf.
Zum Einsatz kam wieder ARCTIC MX-4[2]. Unschwer am Bild unten zu erkennen. Die Tube beziehungsweise Spritze ist tatsächlich von 2019. Ich baue ja nicht unendlich viele Rechner zusammen, daher hält der Vorrat der Wärmeleitpaste auch entsprechend lang.
Ja, es gibt laut Tests auch noch etwas leichter zu verarbeitende und ebenso den Zweck sehr gut erfüllende Pasten wie etwas die Noctua NT-H1. Die war damals aber ausverkauft. Sonst hätte ich vielleicht diese heute verwendet.
Unschwer zu erkennen: bei der Aufnahme der Paste war der Noctua schon an seinem neuen Platz angekommen und fest montiert. Daher wieder zurück in den Montageprozess und zum Auftragen der Paste.
Ich bin inzwischen nach vielen Versuchen von der »Erbse in der Mitte«-Methode überzeugt. Einfach aus der Spritze die Wärmeleitpaste mittig auf den Heatspreder setzen und dann den Kühler montieren. Bislang ist keiner der so montierten Rechner zu heiß geworden weil die Wärmeleitpaste nicht ausgereicht hat.
Früher habe ich mir sehr viel Mühe gegeben die Paste zu verstreichen, anschließend den Kühler zu montieren, wieder zu demontieren, überschüssige Paste abzwischen und alles wieder zu montieren.
Inzwischen bin ich deutlich entspannter unterwegs. Eine etwa erbsengroße Menge an Kühlpaste in die Mitte. Den Kühler einmal draufsetzen, jedoch noch »falsch herum«, also andersherum als er später montiert werden soll. Dann etwas hin und her bewegen, anschließend um 180° drehen und die Prozedur wiederholen. Danach ist die Paste in der Regel schon dünn genug und vor allem flächig verteilt.
Beim verwendeten Noctua NH-U12P waren bereits Kunststoffstreifen zur Entkoppelung (Geräuschverminderung) aufgebracht. Daher konnte ich den Kühler theoretisch »falsch herum« montieren. Wenn es nichts zu beachten gibt, kann man ihn einfach um 180° drehen – denn dann ist ja egal wie herum er montiert wird. Außer man will unbedingt das Logo in einer bestimmten Richtung positioniert haben.
Mächtig groß und mit 770 g (inklusive Lüfter) auch nicht gerade ein Leichtgewicht. Trotzdem nimmt er im Vergleich zu anderen Towerkühlern subjektiv weniger Platz in Anspruch. Der Lüfter lässt sich so auch viel einfacher montieren, auch wenn die Halterung mit der Feder auch von anderen Herstellern so verwendet wird.
Sicher und fest sitzt der Kühler dank der Backplate, mit welcher er verschraubt ist. Die originale Backplate, welche mit dem Motherboard geliefert wurde, war auch schon die Aufnahme für den Boxed-Kühler. Ich bevorzuge verschraubte Lösungen, es ist eine einfache und sichere Befestigungsmöglichkeit.
Die beiden Schrauben mit den Federn sind mit einem normalen Schraubendreher gut erreichbar und lassen sich daher abwechselnd gut anziehen bis der Kühler sicher befestigt ist.
Der Lüfter wird wie schon erwähnt einfach mit zwei Federn aus Metall mit dem Kühler verbunden. Die Variante das Kabel unter den Federn hindurchzuführen verwende ich gerne. So kann das großzügig dimensionierte Kabel nicht in irgendeinen Lüfter hinein gezogen werden.
Die braun-beige Farbgestaltung der Lüfter von Noctua ist inzwischen als »ikonisch« zu bezeichnen. Schön finde ich sie bis heute nicht. Immerhin ist es gelungen ein optisches Alleinstellungsmerkmal zu kreieren.
Es passen aber auch andere Lüfter im Standardformat. Außerdem bietet Noctua inzwische auch schwarze Lüfter an. Beispielsweise den NF-F12-PWM chromax.black.swap, bei welchem die vibrationshemmenden Gummiecken in sechs Farben mitgeliefert werden. Ob schwarz, blau, gelb, rot, grün oder weiß – der Nutzer hat die Qual der Wahl.
Den vor dem Noctua montierten AMD Wraith Stealth hatte ich geputzt. Wie sehr sich so ein Kühler mit Staub zusetzen kann, kann ich trotzdem zeigen – ich hatte noch einen »in dreckig« herumliegen (ausgebaut und weggelegt).
Die recht rauhen Lamellen des AMD Wraith lassen den Staub regelrecht »kleben«. Daher muss man immer mit einem kleinen Pinsel ran wenn man den Staub mit einem Staubsauger absaugen will. Selbst gegen Druckluft ist der festsitzende Staub bis zu einem gewissen Grad »immun«.
Bis zu einem Temperaturunterschied von 30 K kann es führen wenn der Kühler zugesetzt ist. Über 90°C statt zwischen 60 und 70°C ist natürlich eine Hausnummer. Darum: immer gut putzen und die Temperaturen überwachen. Dafür gibt es ja einige kostenfreien Programme zur Auswahl.
Schon alleine beim Hinhalten wird deutlich: der Noctua hat viel, viel mehr Oberfläche um die Verlustwärme abzuführen. Kein Wunder also, dass er deutlich besser kühlt als die OEM-Lösung von AMD.
Obwohl die Kühlleistung des AMD Wraith Stealth mit gutem Willen als »ausreichend« bezeichnet werden kann hat er ein schönes Detail: er ist verschraubt. Keine wegbröselnden Push-Pins, keine Sorge das der Kühler irgendwann von alleine vom Prozessor beziehungsweise vom Board abfällt.
Ich vertraue verschraubten Kühlern einfach immer eher als irgendwelchen Lösungen mit Clips oder PushPins.
Mit Staub zugesetzt bekommt der Boxed-Kühler keinen Prozessor mehr anständig gekühlt. Der Staub legt sich wie eine Matte oben auf den Alukühlkörper, verhindert das die Luft durch die Finnen hindurchströmt und die Temperatur steigt zügig auf 90 °C an (unter Volllast) worauf hin der Prozessor automatisch heruntergetaktet wird.
Die Werte auf den Screenshots sind mit einem vollständig gereinigten Boxed-Kühler gemacht worden um die Ergebnisse möglichst vergleichbar zu machen. Das Gehäuse war offen, somit konnte der Kühler auch »Frischluft« ansaugen.
Auf dem zweiten Screenshot ist schön zu sehen wie der Prozessor niedriger getaktet ist wenn er »nichts zu tun hat«. 1,4 GHz statt 3,4 GHz und eine gesenkte Core-Spannung lassen ihn weniger Energie aufnehmen. Entsprechend weniger verwandelt er auch in Verlustwärme um.
Sind die Werte gut? Eher nicht. Ein Boxed-Kühler ist eben dafür da, dass die Mindestvoraussetzungen für einen stabilen Betrieb geschaffen sind. Reinigt man den Kühler jedoch nicht, läuft der Rechner beziehungsweise der Prozessor im wahrsten Sinne des Wortes heiß.
Wenig überraschend: der Noctua kühlt besser. Kein Wunder, schließlich hat er eine größere Oberfläche und der Lüfter schiebt auch noch mehr Luft durch die Lamellen hindurch.
Für mich aber doch überraschend: bei Volllast taktet mein Ryzen mit dem Noctua höher: 3,6 GHz statt 3,4 GHz (boxed) – und er bleibt dabei bei »kühlen« 43,5°C
Idle bleibt der Prozessor deutlich kühler als beim Boxed-Kühler von AMD. Nur noch 25,75°C bei einer Raumtemperatur von etwa 23°C. Viel besser geht es nun wirklich nicht.
Hat sich der Kühlertausch gelohnt? Definitiv »Ja«.
Wie eingangs schon geschrieben betrug die Umgebungstemperatur auf Höhe vom Prozessor gemessen rund 23°C. Hier nun die Werte im direkten Vergleich wie sie von cpu-x ausgegeben wurden:
AMD Wraith Stealth Cooler | Noctua NH-U12P | |||
---|---|---|---|---|
39,50°C | idle | 25,75°C | idle | |
71,00°C | 100% load (mit Boinc) | 43,25°C | 100% load (mit Boinc) |
Der Plan für den zweiten Rechner mit Ryzen 5 2600? Für den ist das »Carbon Thermal Pad Carbonaut« von Thermal Grizzly bestellt worden. Noch unterwegs ist ein gebraucht gekaufter Noctua NH-D14 mit zwei NF-P14 als Lüfter (statt 1x NF-P12 und 1x NF-P14).
Wenn beides eingetroffen ist, kann ich mich an den Umbau wagen. Wobei ja eigentlich schon bewiesen ist, dass schon ein Noctua NH-U12P mit nur einem NF-P12 gut genug kühlt.
X_FISH