05.
März
2011
Schon vor einigen Monaten (oder gar Jahren?) hatte ich einmal ein Stativ von Joby in meinen Händen. Ein kleines, flexibles Stativ wollte ich ja schon haben, aber das »Joby GorillaPod« wirkte dann doch ein wenig zu schwach für eine DSLR. Daher habe ich es erst einmal nicht weiterverfolgt und mich selbstgebauten »Beanbags« und unterwegs der Suche nach Steinen oder ähnlichem Material als Unterlage verschrieben.
Durch ein Internetforum bin ich letzte Woche dann darauf gestoßen, dass es das »Joby GorillaPod« nicht nur in der einen Variante gibt wie ich sie im Fotogeschäft damals gesehen habe, sondern in vielen Varianten mit unterschiedlicher Traglast. Bis zu 5 kg kann der stabilste Vertreter von Joby laut deren Angaben tragen.
Etwas ernüchternd dann allerdings der Preis: Für ein »Joby GorillaPod SLR-Zoom Set« mit Kugelkopf werden ca. 74 Euro aufgerufen. Ohne Kugelkopf sind es noch immer 45 Euro – und ein paar kritische Bewertungen schreiben, dass die von Joby angegebene Traglast von 800 g mit einer DSLR wie meiner EOS 350D trotz Kunststoffgehäuse schnell überschritten scheint. Sobald die EOS mit einem Eigengewicht von ca. 500 g mit einem größeren Objektiv bestückt wird, neigt sich das GorillaPod scheinbar in Zeitlupe.
Also dann doch lieber etwas mit höherer Traglast. Da klingen die 5 kg Traglast des »GorillaPod Focus« doch genau richtig? Der Preis hingegen nicht: 110 Euro – ohne Kugelkopf.
Etwas ernüchtert habe ich mich dann im Internet auf die Suche nach ähnlichen Konstruktionen (nennen wir sie einfach mal »Nachbauten«) gemacht. Ich wurde fündig: 30 Euro inkl. Versand für einen Nachbau des Focus. 5 kg Traglast.
Für 30 Euro riskiere ich es. Sollte es meine EOS nicht tragen wird es sicherlich für die PowerShot zu gebrauchen sein. Oder es landet eben wieder bei einem der »Online-Auktionshäuser«.
Gestern kam es an. Original verpackt im Blister ohne jeglichen Markennamen:
Ich hatte die Befürchtung, dass mir nach dem Öffnen der Verpackung erst einmal eine Wolke mit dem zarten Geschmack nach Weichmachern entgegenkommt. Dies war nicht der Fall.
Geruchslos und mit den angegebenen und auch tatsächlich vorhandenen knapp 600 g nicht unbedingt ein Leichtgewicht. Aber dies sorgt ja auch dafür, dass das Stativ mit der aufgesetzten Kamera sicher steht.
Der Nachbau besitzt wie das original keine Befestigung per Schuh oder Kugelkopf. Diese müssen bei Joby auch separat erworben werden. Daher habe ich meine Canon EOS direkt aufgeschraubt wie es vorgesehen ist. Sie war dank der gummierten Auflagefläche fest und sicher mit dem Stativ verbunden.
Die eigentliche Konstruktion des Stativs ist so simpel wie genial. Die Stativplatte ist über Kugelgelenke mit drei flexiblen Beinen verbunden, welche selbst aus Kugelgelenken bestehen. Diese können mit ein wenig Kraftaufwand beliebig hin und her gebogen werden.
Der erste Eindruck via haptischer Wahrnehmung: Die Gelenke wirken stabil und fest – fast schon zu fest.
Beim ersten Versuch die Beine einzustellen hatte ich die Befürchtung »gleich ist irgendwas abgebrochen«. Schließlich hat man schon zuvor in anderen Situationen (mehrfach) gelernt das die Aussage »nach fest kommt ab« oftmals der Realität entspricht.
Aber es ging alles gut, die Kugelgelenke der Beine beziehungsweise die Kugelgelenkbeine müssen schwergängig genug sein damit die Kamera nicht einfach absinkt.
Durch die Konstruktion kann man die auf dem Stativ aufgesetzte Kamera durch Verbiegen der Beine so ausrichten, dass Unebenheiten im Boden oder durch den Untergrund ansich ausgeglichen werden können.
Simpel muss man leider auch die Befestigung des Gewindes an der Platte bei meinem Nachbau bezeichnen. Mal sehen wie haltbar es ist beziehungsweise wie lange es bei mir hält.
Es wirkt wie ein (sehr) kurzes Gewindestück, welches nicht wirklich tief genug in die Platte hineinragt. Ich kann der Konstruktion nicht ansehen ob das Gewinde in einer Platte endet und diese mit eingegossen ist oder ob es einfach nur »drinsteckt und irgendwie hält«.
Nicht überzeugend wirkt der sogenannte Adapter von 1/4" auf 3/8". Ich würde ihn eher als einen Witz bezeichnen.
Ich hätte die Befürchtung das sich der »Adapter« im Inneren der Gewindes des vom Aufsatz (beispielsweise dem Kugelkopf) verklemmt und dort erst mal bleibt. Für das Aufsetzen von Kameras wie der EOS (und auch den meisten anderen Kameras) ist der Adapter allerdings ohnehin nicht notwendig.
Zurück zur Konstruktion und dem großen Plus gegenüber herkömmlichen Stativen: Man kann die Kugelgelenkbeine auch um Objekte wie Bäume, Masten, Geländer, etc. schlingen. Dank der Gummierung an jedem Kugelgelenk halten sie sicher und fest.
Da ich natürlich umgehend von meiner neuen Anschaffung ein paar Bilder online stellen wollte, musste nachts erst einmal mein linkes Bein für einen Test herhalten.
Siehe da: Hält also auch an jeansbekleideten Beinen. Aber das wird wohl kaum der bevorzugte Einsatzzweck unterwegs sein.
Daher ein Test, welcher deutlich realistischer ist. Ich habe das Stativ um einen relativ glatten Holzpfosten geschlungen und nur mit den Beinen fixiert. Resultat: Es hielt.
Die nächste Stufe ist natürlich es mit der Kamera zu belasten. Ein unangenehmes Gefühl in der Bauchgegend war durchaus vorhanden, aber der GorillaPod Nachbau hat gehalten.
Auf den beiden Bildern zeigt sich aber auch der große Nachteil des GorillaPad Focus beziehungsweise dessen Nachbaus: Man kann die Kamera nur über die Beine ausrichten. Daher wären bei einem solchen Einsatz nur Bilder im Hochformat möglich.
Mit einem klassischen Kugelkopf als Stativaufsatz könnte man dem Problem natürlich Herr werden. Aber braucht man ihn wirklich unbedingt?
Ich glaube für mich selbst sagen zu können: »Nein, unbedingt vermutlich nicht«. Aber das liegt auch daran, dass ich selten Bilder im Hochformat mache. Mal abgesehen davon war ich bisher mit dem »Beanbag« auch immer gezwungen im Querformat aufzunehmen.
In manchen Situationen kann ich mir jedoch gut vorstellen das ein Kugelkopf praktisch ist. Ist das Stativ erst einmal fest am Objekt befestigt, kann die Kamera natürlich kaum noch ausgerichtet werden.
Allerdings erhöht sich mit einem stabilen Kugelkopf auch wieder das Gewicht, welches auf dem Stativ lastet beziehungsweise was über die Beine am Baum, Mast oder Geländer zerrt. Die Physik lässt sich nicht überlistet und am Ende wird die Hebelkraft in mancher Situation gewinnen.
Jedoch wird mein primärer Einsatzzweck wohl eher so aussehen:
Unebenheiten ausgleichen, die Neigung der Kamera bestimmen und schon bin ich fertig mit dem Einstellen der Kamera.
Der Einsatzzweck für welchen ich mir ein kleines Stativ gewünscht habe: Unterwegs mal eine Aufnahme per Selbstauslöser machen oder auch ein kleines Video mit der PowerShot A95 aufnehmen zu können ohne das es verwackelt ist.
Da ich gerade von der PowerShot schreibe: Diese wirkt auf dem Stativ fast ein wenig verloren.
Dank des Gewindes passt natürlich auch sie problemlos auf den Nachbau des Joby GorillaPad Focus.
Die an einem Tag gewonnenen Eindrücke können natürlich keinen Langzeittest beziehungsweise die über die Zeit gewonnene Erfahrung mit dem Stativ wiedergeben.
Ich denke mal in zwei, drei Monaten werde ich dann einen Erfahrungsbericht mit dem Stativ aufgrund der bis dahin entstandenen Erfahrungen abgeben können. Mein erster Eindruck ist jedenfalls – unter Berücksichtigung der genannten Kritikpunkte – positiv.
X_FISH