12.
Oktober
2015
Ich mag alte Sachen. Alte Kisten, Taschen, Rucksäcke, Koffer und auch Motorräder. Da die Motorräder zu teuer sind und auch viel Platz wegnehmen, habe ich eine recht umfangreiche Sammlung von den erstgenannten Gegenständen. Wobei die Kisten und die Rucksäcke auch permanent im Einsatz sind.
Weil ich eine kleine Ablagemöglichkeit mit »Staubschutzfunktion« gesucht habe, wollte ich zwei gebrauchte Munitionskisten aus Holz kaufen und ein wenig »aufmöbeln«. Was allerdings per Post kam, sah deutlich anders als auf dem Bild in der Verkaufsanzeige aus.
Klar, das sind alles »Symbolabbildungen« und die »gelieferte Ware kann vom Bild abweichen«. Wenn man aber schon ein paar Taler mehr für eine »helle« Holzkiste bezahlt und dann zwei dunkelgrün angestrichene Kisten bekommt, dann ist das schon etwas blöd.
Nach mehreren Wochen Verzögerung kam dann schließlich endlich der erwartete Karton an. Zwischendurch entschuldigte sich der Verkäufer, denn es wäre von seinem Lieferant »so schlechtes Material gekommen«, das habe er niemandem zumuten wollen.
Bevor ich ins Detail anhand einer der beiden Kisten gehe schon mal eine Vorschau wie die Kiste nach meiner Bearbeitung aussieht. Links die zweite, noch nicht behandelte Kiste, rechts die von mir wieder »in Form gebrachte« und gestrichene Kiste:
Damit habe ich nun auch schon einem späteren Beitrag[1] in meinem Blog vorgegriffen, weise daher aber trotzdem schon mal darauf hin was aus der Kiste geworden ist. Die einzelnen Bearbeitungsschritte habe ich beim ersten Mal nicht im Detail dokumentiert, das folgte bei der zweiten Kiste. Nun aber weiter im ursprünglichen Beitrag vom 12.10.2015.
Knapp 13 Euro für eine alte Holzkiste aus Beständen der polnischen Armee. Was kann man da erwarten? Wenn man die sicherlich für das Fotoshooting aus einem Berg von Kisten herausgesuchte Kiste sieht, ist es eine neuwertige Holzkiste.
Nicht verzogen oder verwittert und auch kein Rost an den Beschlägen. Das wäre natürlich optimal. Das solche Kisten eher selten sind weiß ich. Schon alleine weil ich bei einem Abverkauf in der Schweiz damals etwa 20 Kisten anschauen und zur Seite stellen musste bis ich zwei Modelle vor mir hatte, welche ich »schön« fand. Natürlich mit dabei: Das Auge des Betrachters. Andere fanden selbst die beiden grünen Kisten schrecklich.
Aktuell sind bei diversen Anbietern Kisten aus den Beständen der polnischen Armee zu finden. Das äußere Maß ist fast immer identisch, jedoch gibt es zwei verschiedene Bauarten (die älteren Kisten mit massivem, dicken Deckel und eine neuere Version mit ca. 5 mm dickem Deckel, welcher eher einer Schrankrückwand ähnelt und massiven Metallecken – welche gerne mal rosten). Dann gibt es sie auch noch mit Einsätzen, mal nur gesteckt, mal mit vielen Nägeln reingezimmert. Sowohl für Handgranaten wie auch für den sicheren Transport von anderen Sprengstoffen (z.B. mit Kennzeichnung »TNT«).
Neben dem üblichen Werkzeug für die Holzbearbeitung und einem Pinsel musste ich noch zwei Dinge nachkaufen: Holzleim und Farbe.
Beim Leim habe ich wieder zu Ponal Express[2] gegriffen. Diesmal jedoch in der großen Flasche, denn das eine oder andere Bastelprojekt für den Winter habe ich schon im Hinterkopf.
Beim Lack war es schwieriger. Nachdem ich diverse Seiten mit Testberichten und Empfehlungen (wie auch Warnungen) durchgelesen hatte, habe ich mich für den Bootslack[3] von Wilckens entschieden. Auch hier eine etwas größere Menge, denn ich habe ja noch ein Holzregal im Keller, welches auch ein wenig Farbe vertragen könnte. Beim Bootslack werden nun viele die Hände über den Kopf zusammenschlagen: »Und dann will er sich das am Ende ins Wohnzimmer stellen?«.
Ja, er will. Der Bootslack von Wilcken ist »für innen und außen« geeignet. So zumindest der Hersteller in seiner Produktinformation wie auch auf der Dose selbst.
Der Bootslack ist kein sogenanter »Antifoulings«-Lack (bewuchshemmender Lack), also nicht für die Stellen vom Bootsrumpf gedacht, welcher permanent unter der Wasserlinie liegt.
»Bootslacke« sind vielmehr hochbelastbare Lacke, welche sich am ehesten mit Lacken aus dem KFZ-Bereich vergleichen lassen. Was sie gemeinsam haben: Wenn sie ausgetrocknet sind und nicht mehr ausdünsten, geht auch kein Risiko von ihnen aus. Daher muss die Kiste mit ihren geplanten 2-3 Lackschichten einfach nur lange genug ausdünsten dürfen. So jedenfalls der Plan.
Nun aber wieder zurück zur Kiste. Entgegen der Abbildung kamen keine Kisten mit minimalen Gebrauchsspuren an. Die beiden Kisten haben offensichtlich irgendwo im Freien oder zumindest in einer anderen feuchten Umgebung viel Zeit verbracht: Die Farbe war grau und die Kisten sowohl außen wie auch innen verschmutzt. Mit etwas Schmirgelleinwand und Geduld sollte sich der Dreck entfernen lassen.
Die angegraute Oberfläche sowie die Beschriftungen waren durchaus erwünscht und sollten auch erhalten werden. Die Optik einer Kiste, welche »gelebt und erlebt hat«, war ja gewollt.
Jedoch waren beide Kisten stark verzogen und bei der Kiste Nummer 2 hatte das Schloss einen Schlag abbekommen und war nur mittels Einsatz von entsprechendem Werkzeug wieder zu öffnen gewesen.
Die handwerklich damals durchaus anspruchsvoll und schick gearbeiteten Kisten mit offenem Schwalbenschwanz an den Ecken waren verzogen, die Nägel verrostet (teilweise die Köpfe bereits abgefallen) und das Holz extrem trocken.
Blöderweise hatte man damals (wenn ich die Kennzeichnung richtig verstehe ist die Kiste von 1952?) an Nägeln nicht gespart. Daher saß ich nun daran und habe vorsichtig an den maroden Nägeln mein Glück versucht.
Die krummgeschlagenen Exemplare (von außen durch Haltegriff und Abstandsblock getrieben) konnte ich nicht mehr entfernen. Aber das eine oder andere abstehende Exemplar am Boden entweder weiter hineinschlagen oder gleich herausziehen.
Wie sehr sich das Holz zusammengezogen hat, konnte man an den Nut-und-Feder-Brettern am Boden sehen. Dort war ein Spalt von 8 mm vorhanden, im Deckel waren es sogar über 12 mm.
Nicht ohne Grund stand der eine oder andere Nagelkopf so weit hervor:
Bei diesem Exemplar hatte ich noch Glück: Er ließ sich samt Kopf relativ leicht entfernen. Ich musste ihn auch nicht erhitzen (z.B. mit einem Lötkolben), was gerade bei wertvollen älteren Möbeln empfohlen wird. Der erhitzte Nagel verbrennt bei dieser Methode das Holz in welchem er steckt. Durch den so erzeugten »Materialschwund« lockert sich der Nagel und man kann ihn einfach(er) aus dem Holz ziehen.
So viel Vorsicht und Umsicht bei der Arbeit ist mit den alten Munitionskisten sicherlich nicht von Nöten. Nägel, welche sich nicht mehr haben ziehen lassen, habe ich einfach ins Holz getrieben und/oder abgeschliffen.
Nach dem Entfernen der Nägel ließen sich die beiden Holzleisten auf dem Deckel entfernen. Der Verschluss war mit einer sehr, sehr rostigen Schraube gesichert, welche sich problemlos aus dem Holz schrauben ließ.
Der dreiteilige Deckel konnte nun ein wenig gereinigt werden. Verwendet habe ich eine Stahlbürste, denn mit dieser bleibt die Oberfläche erhalten. Verunreinigungen lassen sich aber mit der Maserung abbürsten.
Im Inneren der Kiste habe ich mit Schmirgelleinwand gearbeitet. Dort wird die Kiste ebenfalls lackiert und soll möglichst sauber und glatt sein. Zumal das Holz im Inneren vor Witterungseinflüssen geschützt war und somit ohnehin noch »hell« ist.
Der nächste Schritt: Die Kiste mit Schraubzwingen wieder zusammenfügen, verleimen und die eine oder andere Stelle mit Schrauben sichern. Dies ist beispielsweise bei der Zinkung (»Schwalbenschwanz«), da sich gerade an den Ecken das Holz im Laufe der Jahre teilweise stark verzogen hatte.
Ich werde in ein paar Tagen berichten wie sich die Kiste verwandelt hat – und auch mit einem kleinen Erfahrungsbericht bezüglich der angefallenen Arbeiten (und vermutlich unerwarteten Probleme) berichten.
X_FISH